Justus war der Witzbold in unserem Rudel und lange Zeit, war er immer noch der "Kleine".
Justus war noch cleverer als Tessa, wollte meistens alles richtig machen und versuchte auch manchmal, jedem zu gefallen. Im Wesentlichen hatte er jedoch einen ganz schönen Dickkopf und versuchte den dann auch unbedingt durchsetzen. Justus war kein typischer Retriever und hatte keinerlei will to please - im Gegenteil, er hatte mehr einen will to please himself. Er war stur wie ein Brett und hat mich einige Male auf Püfungen übelst vorgeführt und blamiert. - Noch heute spricht man von dem Workingtest, als uns vor versammelter Teilnehmerschaft eine Gummiente für den "Hund mit der Dummyallergie" verliehen wurde, weil der Kerl den ganzen Tag einfach mal alle Dummys komplett liegen ließ. Ich könnte mit Justis Schandtaten ein ganzes Buch füllen, wir erzählen ganze Abende von ihm und haben dabei immer viel Spaß. Er war ein sturer Charakterhund und zudem extrem schlau, was die Erziehung nicht immer einfach gemacht hat. Er hat mir unendlich viel beigebracht, mich immer wieder in den Wahnsinn getrieben und mich so oft zum Lachen gebracht.
 
Er warein ganz großer Schmuser, schleppte den ganzen Tag irgendwelche Stofftiere herum oder kuschelte damit indem er das entsprechende Teil in seine Arme schloss und den Kopf daran anschmiegte.
 
Für Justi lag die Meßlatte extrem hoch, denn wie konnte es anders sein, als dass dieser kleine Hund ständig an Anton gemessen wurde. Justi hat gekämpft und gewonnen - er ist komplett anders als Anton, hatte mein Herz aber im Sturm erobert und mir gezeigt, dass er natürlich neben Anton und Tessa bestehen konnte. Der kleine Kerl bedeutete mir nach kurzer Zeit so unendlich viel und hatte einen ganz ganz großen Platz in meinem Herzen eingenommen. - Ich wollte ihn nie nie nie wieder missen!
 
Justus war ein neugieriger Rüde mit einem tollen Temperament, der vor nichts Angst hatte. Er liebte das Leben, war bis zu seinem sechsten Lebensjahr immer fröhlich, sehr ausgeglichen und lieb. Er war Tessas bester Freund, ein großer Kindskopf und rannte auch mit zehn Jahren noch manchmal wie ein Welpe ganz ohne Verstand einige Runden um den Garten, weil er einfach ein bißchen Energie abbauen musste.

Justi hatte, genau wie Anton, sehr sehr viel Spaß an der Dummyarbeit. Mit etwa 4,5 Jahren haben wir angefangen, regelmäßig zu trainieren. Justi hatte die APD/R A und F bestanden und war auf vielen Workingtests in der Fortgeschrittenenklasse sehr erfolgreich, sogar in der Siegerklasse sind wir einmal gestartet. - Ich bin unendlich stolz auf meinen kleinen Franzosen!
Über einige Jahre haben wir sehr viel trainiert und uns regelmäßig einmal im Monat mit Freunden zu Trainingswochenenden getroffen - es war eine tolle Zeit, auch wenn das Ende (rein menschlich) etwas bitter war.
 
Leider entwickelte sich Justus in den letzten Jahren, vor allem nach Tessas Tod und unserem Umzug, immer mehr zum Stinker - erst biss er andere Rüdem, später auch Hündinnen und auch vor Welpen machte er keinen Halt, so dass wir ihn immer isolieren mussten. In den letzten Jahren griff er sogar sein eigenes Rudel an - Pippa und Käthi waren wesentlich schneller und konnten seinen Angriffen entkommen, aber Anton hat er mehrmals schlimm gebissen.
 
Trotzdem hab ich meinen Hutzelmann so unendlich geliebt und immer versucht, einengende Situationen und Begegnungen zu vermeiden. Ich habe ihn verteidigt, wie eine Löwenmutter, wenn jemand schlecht über ihn gesprochen hat und so fast die Freundschaft zu meiner besten Freundin riskiert.
 
Als Pippa den D-Wurf zur Welt brachte war klar, dass Justus niemals mit den Welpen zusammentreffen durfte. Wir teilten den Garten auf, schirmten die Kleinen immer ab und versuchten dennoch auch ihm ein angenehmes Leben zu geben. Am Abgabetag passierte es dann, dass Justus und Daisy zusammentrafen, weil Daisy sich aus der Umzäunung befreit hatte ... Ich stand kaum einen Meter weit weg und trotzdem schnappte sich Justus meine kleine Daisy, biss zu und schüttelte sie, um sie zu töten - daran habe ich keinen Zweifel. Nur mit Mühe konnte ich ihm das Maul aufmachen und ihm Daisy entreissen.
 
Sie hat diese Attacke nur knapp überlebt, hatte tiefe Bissverletzungen, war blind auf einem Auge und hatte letztendlich ein schiefes Köpfchen.
 
Nur einen Tag später habe ich meinen kleinen Justus unter Tränen eingeschläfert.
 
Justus, ich habe Dich so wahnsinnig und unendlich geliebt und tue es heute noch, aber ich konnte Dir nicht mehr trauen. Ich weiß bis heute nicht, was mit Dir los war, ob Du einen Tumor im Kopf hattest oder was sonst nicht gestimmt hat. Du hast mir so entsetzlich viel Kummer bereitet, wir haben aber auch unglaublich viele schöne Zeiten zusammen erlebt und uns gegenseitig soooooooooooooooo sehr geliebt. Ich vermisse Dich jeden Tag, auch acht Jahre nach Deinem Tod. Ich sitze hier und flenne, als seist Du erst gestern gestorben. Ich werde Dich nie vergessen und immer immer lieben.