Es war mein langgehegter Wunsch, selber einen Hund zu haben. Ich war Studentin und 25 Jahre alt, meine Eltern waren überzeugt und alles, was feststand war, dass es eine Hündin sein sollte. Über einige Umwege kam ich schließlich zum Golden Retriever und fand auch schnell eine Züchterin nicht weit von Liverpool und Wallasey, wo ich damals wohnte. So kam also Tessa als Familienhund zu uns.
 
Tessa war eine wirkliche Lady in allem, was sie tat. Sie wirkte niemals aufgeregt, gehetzt oder ungeduldig (naja, außer vielleicht, wenn es um Futter ging), sondern strahlte immer Ruhe und Eleganz aus. Sie liebte alle Menschen, je mehr da waren, desto besser, ein richtiger Partymensch ... ähh -hund. Sie war fast immer freundlich und gut gelaunt, nur manchmal wirkte sie ein wenig melancholisch und gab abgrundtiefe Seufzer von sich. - Vor allem dann, wenn sie ein Leckerchen gesehen hatte, es aber nicht bekommen konnte.
 
Tessa war sehr schlau, ich würde sogar sagen gerissen, was sie hauptsächlich dazu einsetzte, um an Futter zu gelangen oder um einmal kurz und unbemerkt in einem Teich oder Fluß zu verschwinden, solange man nicht aufpasste. Mein Mädchen besaß viel Witz, der allerdings auf den ersten Blick nicht für jeden erkennbar war - im Zusammenleben mit ihr, trat er ständig zutage. Tessa war ein Hund, der oft erst auf den zweiten Blick von allen geliebt wurde, dann aber für immer und ohne Einschränkungen. Auf den ersten Blick erschien sie nämlich immer ein bißchen still und unscheinbar, zumal sich die beiden Jungs glänzend darauf verstanden, sich in den Vordergrund zu schieben.
 
Tessa hatte einen ausgeprägten Sinn für Harmonie und sorgte immer dafür, dass im Rudel Ruhe herrschte - und das ohne jemals zu knurren oder sich durchsetzen zu müssen. Alleine durch ihre Ausstrahlung hatten alle Hunde, egal ob klein oder groß, jung oder alt, Respekt vor ihr.
Sie war einfach eine so sanfte und starke Persönlichkeit, die mich jeden Tag auf's Neue faszinierte.
 

Weil mein kleines Mädchen so viele tolle Eigenschaften und einen so einwandfreien und schrecklich lieben Charakter hatte, entstand schnell die Idee, mit ihr zu züchten, so daß Tessa 1999 die Stammhündin meines Zwingers Ulfilas wurde.
 
Sie hat drei Würfe liebevoll und mit großer Passion großgezogen und dabei ihr ausgeglichenes und sanftes Wesen und viele weitere gute Anlagen wie z.B. eine sehr sehr große Arbeitsfreude und vor allem auch ihre gute Gesundheit an ihre Kinder weitergegeben.
 
Mit sieben Jahren durfte Tessa als Zuchthündin ihren Ruhestand antreten.
 
Sie ist auch danach noch lange Jahre jung geblieben und hat sich meistens wie ein Junghund im größßten Flegelalter benommen. Als Justus 2002 einzog, schien es, daß Tessa noch einmal drei Jahre jünger wurde. Justi ist der Kerl, in den sie sich wirklich verliebt hat. Der "Kleine" ist ihre große Liebe - die zwei sind den ganzen Tag lang unzertrennlich und haben bis Tessa etwa 10 Jahre alt wurde Tag für Tag stundenlang miteinander getobt.<br> Mit 12 oder 13 wurde Tessa dann etwas ruhiger. Das Gesichtchen wurde immer grauer, sie schlief viel mehr als früher, legte viel Wert auf ein gemütliches Bettchen und ihre Nachtruhe, sie war aber ansonsten noch sehr gesund und lustig wie eh und je. <br> Wenn es um Fressen in welcher Form auch immer ging, war sie nach wie vor die Schnellste im Rudel. Das Alter und auch die Kastration haben Spuren hinterlassen - Tessa stand damals weit über den Dingen. Gehorsam nahm sie nicht mehr allzu ernst und gerne schob sie schon mal ihre Taubheit vor, damit sie nicht hören musste. Als wir bemerkten, dass Tessa immer weniger mitbekam, haben wir angefangen, sie komplett auf Sichtzeichen umzustellen, was auch weitgehend sehr gut klappte. Die meisten hatte ich ihr schon vor Jahren beigebracht, einige neue waren dazu gekommen. Tessa lernte immer noch recht schnell, solange die Belohnung stimmte.<br>  <br> Dann fing Tessa plötzlich an, eine ungewohnte Schnelligkeit bei unseren Spaziergängen zu entwickeln - wie viele alte Hunde, wenn sie einmal in Schwung sind, ist sie getrabt und getrabt, vergaß dann einfach, sich umzuschauen und rannte dann schnell mal in eine Richtung, die wir gar nicht einschlagen wollten. Aufgrund ihrer Taubheit war sie dann auch nicht mehr zu stoppen und ich musste oftmals die Beine in die Hand nehmen, um das alte Tierchen wieder einzufangen.
 
Eine Situation, die für uns alle etwas anstrengend war, bis ich auf die Idee kam, Justus beizubringen, das alte Mädchen zu apportieren.
 
Seitdem trug Tessa ein kleines Dummy am Halsband und Justus hat gelernt, die alte Dame am Dummy zu fassen und zu mir zurück zu bringen, was hervorragend klappte, solange keine allzu große Ablenkung da war und uns wieder ein ganz normales Leben mit Tessa ermöglichte. Die ganze Geschichte dazu wird übrigens auf dieser Homepage unter diesem Link erzählt und in Bildern gezeigt.
 
Mit fast 16 ist Tessa eher plötzlich gestorben. Wir hatten viele wunderschöne Jahre zusammen, in denen Tessa immer gesund und quietschfidel war, bis hin zu ihrem allerletzten Tag.
 
Ich bin unendlich dankbar, dass ich Dich so lange haben durfte, kleine Maus, ich werde Dich niemals vergessen. Du warst für mich die Welt, mein erster Hund und eine ganz große Liebe, der Anfang eines ganz neuen Lebens. Mach's gut, mein Mädchen.